Andromedas

Der Apfel – eine Versuchung » Andromedas Elixier

Andromeda braut ihr magisches Elixier.
Eine fantastische Geschichte über eine alte, geheimnisvolle Frau und ihren wundersamen Sud.

Scharfer Geruch erfüllt Andromedas Hütte, die Hitze ist erdrückend. Es ist wieder Brautag.
Mitten in ihrer kleinen Hütte hat Andromeda ein Feuer entfacht. Darüber hängt ein Kessel, den sie mithilfe einer Kette an der Decke befestigt hat. Immer wieder huscht die kleine, bucklige Frau herbei, rührt mit dem riesigen Kochlöffel darin herum, wirft eine Handvoll Kräuter hinein.
Im Kessel kocht eine zähe Masse vor sich hin, sie ist breiartig. Und jedes Mal, wenn Andromeda einen Blick hinein wirft, kichert sie. Es klingt hämisch.
Gleichzeitig arbeitet Adromeda an der Arbeitsplatte, die sich an einem großen Stück der Küchenwand entlang zieht. Dort liegen mehrere Schneidebretter, Messer in allen Größenordnungen, außerdem einige Gläser, Flaschen, Töpfe mit unterschiedlichen Flüssigkeiten. Sie gießt um, gibt weißes Pulver hinzu, schüttelt, schöpft ab. Und gleichzeitig betreut sie den Kessel.
Dann wischt sie ihre knorrigen dünnen Finger an ihrem Rock ab. Sie grinst zufrieden, man sieht ihre gelblichen, weit auseinander stehenden Zähne.
"Nur das Beste für meine Babys!"
Sie geht zurück zur Arbeitsplatte, nimmt sich eine der dort stehenden Flaschen und entkorkt sie. Mit weiterhin zufriedenem Grinsen schnüffelt sie daran, dann verzieht sie ihr Gesicht. Kurz schüttelt sie sich, bevor sie nickt und den Korken wieder in die Flasche steckt. Diese und weitere Flaschen packt sie in eine Tasche, danach holt sie aus der Ecke einen zusammengeklappten Wagen, den sie entfaltet und auf welchen sie den Kessel wuchtet. Dabei verschüttet sie etwas des darin befindlichen Breis - der Klecks fällt direkt auf die Flammen und löscht somit das Feuer.
Ihr Blick wird für einen Moment leidend, es tut ihr leid, etwas von der sorgsam zubereiteten Speise verloren zu haben. Aber da damit das Feuer gelöscht wurde und sie sich also einen Arbeitsschritt gespart hat, zuckt sie nur mit den Schultern und das Missgeschick ist vergessen.
Andromeda schnappt sich die Tasche, in der die Flaschen gegeneinander klirren, umfasst den Griff des Wagens und wuchtet ihn über die Türschwelle nach draußen. Nun kehrt auch ihr Grinsen zurück, kurz lacht sie sogar - ein hämisch klingendes Lachen.
Draußen schiebt sie den Wagen über Stock und Stein, immer schön vorsichtig, damit nicht noch mehr verloren geht. So führt sie ihr Weg zu einem Gatter, das sie öffnet. Schnell schiebt sie ihren Wagen hindurch und schließt das Tor sorgsam hinter sich.
"Wo seid ihr denn, meine Hübschen?"
Es ertönt ein Klackern, ein Schnauben. Als hätten sie Andromeda gehört und verstanden, nähern sich mehrere weiße Pferde an.
Nicht irgendwelche weißen Pferde. Ihr Fell ist so unglaublich weiß, dass der Anblick fast schon blendet und wenn man genau hinsieht, erkennt man, dass es funkelt.
Ebenso wie das weiße, gedrehte Horn auf der Stirn jedes Pferdes.
Andromedas Blick wird sanft. Sie lässt den Wagen los, lässt ihre Tasche behutsam von ihrer Schulter auf den Boden gleiten. Dann nähert sie sich dem ersten Einhorn.
Es kommt ihr ein paar Schritte entgegen, sie bleiben voreinander stehen. Andromeda streckt ihre Hand aus und tätschelt seine Schnauze. Leise brummt sie etwas vor sich hin, es ist unverständlich, aber es klingt sehr liebevoll und das merkt auch das Tier. Es presst seinen Kopf fester gegen Andromedas streichelnde Hand.
Nach einer kurzen Streicheleinheit macht Andromeda mehrere Schritte zurück, bis sie wieder bei ihrer Tasche angekommen ist. Sie öffnet sie und nimmt eine der Flaschen heraus. Das Einhorn, das sie gerade eben gestreichelt hat, folgt ihr.
Wieder streicht sie über seine Schnauze, ihre Hand wandert danach in die Mähne des Tieres. Sie greift prüfend hinein.
"Ja, es ist wieder höchste Zeit."
Andromeda entkorkt die Flasche und gibt etwas der säuerlich riechenden Flüssigkeit in die Einhornmähne. Das Pferd lässt es über sich geschehen. Es wirkt noch etwas unwillig, doch das verfliegt, als Andromeda beginnt, den Apfelessig in die regenbogenfarbene Mähne einzumassieren.
Die anderen Tiere haben sich derweil schon angenähert. Sie schnuppern am Kessel, die ersten beginnen, sich an dem Brei gütlich zu tun.
Andromeda wird es bei diesem Anblick ganz warm ums Herz. Sie liebt diese Tage, wenn es an der Zeit ist, ihre Einhornherde mit einem Ausnahmsleckerbissen - eine Suppe mit allen Zutaten, die die Einhörner lieben - und einer ausgiebigen Haarpflege zu verwöhnen. Und sie freut sich jetzt schon auf den Anblick, wenn in wenigen Tagen die kunterbunten Mähnen der Einhörner im Wind wehen, wenn sie über die Weide toben, ganz geschmeidig, nicht mehr so struppig wie jetzt.
Sie ist glücklich. Und die Einhörner sind es auch.

Victoria

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Neugierig auf mehr fantastische Geschichten....

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